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Probe des Unmöglichen

An Schwerpunktobjekten überprüft die Stützpunktfeuerwehr Schmalkalden in Zusammenarbeit mit ihren sechs Ortsteilwehren regelmäßig den Ausbildungsstand ihrer Kameraden. Diesmal an der Seniorenresidenz „Am Schloss"

Claudia Böhm (Mitte) im Gespräch mit den Feuerwehrleuten, neben ihr die leitende Notärztin Susanne Höhn

Die Feuerwehrleute evakuierten die Verletzten aus dem Altenheim.

Schmalkalden - „Wir brauchen noch Tragen", ruft Lehrrettungsassistentin Claudia Böhm den Feuerwehrleuten zu. „37 - also alles, was ihr habt." Zu dem Zeitpunkt waren gerade einmal fünf Verletzte aus der Evangelischen Seniorenpflege „Am Schloss" geborgen. Keine Sorge - die Bewohner sind allesamt wohlauf - bei den Verletzten handelte es sich um geschminkte Personen.

 

Das im vergangenen Jahr eingeweihte Gebäude war am Dienstagabend Ausgangspunkt einer Großübung. An Schwerpunktobjekten überprüft die Stützpunktfeuerwehr Schmalkalden in Zusammenarbeit mit ihren sechs Ortsteilwehren regelmäßig den Ausbildungsstand ihrer Kameraden. Stadtbrandmeister Michael Pfunfke hatte dies auch 2012 wieder vor und berichtete Kreisbrandinspektor Klaus Kleimenhagen davon. Der war der Ansicht, „wenn, dann gleich richtig" und baute die Übung noch etwas aus. Heißt: Außer Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Schmalkalden wurden der Sanitäts- und Betreuungszug des Landkreises, leitende Notärzte und die Polizei mit ins Boot geholt.

 

Vor Übungsbeginn sprach Kleimenhagen noch von einem „ganz normalen Einsatz", bei dem es insbesondere auf das Zusammenwirken der Feuerwehrleute mit den Sanitätern und Notärzten ankam. Ausgegangen wurde von einer Explosion der Heizungsanlage im Keller der Alten- und Pflegeeinrichtung. 42 Personen hatten sich dabei die unterschiedlichsten Verletzungen zugezogen. Das Spektrum reichte von einer leichten Hautabschürfung über offene Knochenbrüche und Rauchgasvergiftungen bis hin zu schweren Kopfverletzungen und Polytraumen. Verteilt waren die Verletzten über alle Etagen des Heimes, jedoch nur in den Funktionsräumen. Der Demenzbereich wurde gänzlich ausgespart.

 

„Das ist unsere erste größere Übung in einem Altenheim", erläuterte der Kreisbrandinspektor im Vorfeld. Obwohl es im Landkreis etliche derartige Einrichtungen gebe, habe man sich bisher mit Blick auf die Bewohner noch nicht so recht getraut, in einem solchen Gebäude den Ernstfall zu proben. Umso froher war Klaus Kleimenhagen über die gute Zusammenarbeit mit der Heimleitung des Hauses in Schmalkalden. „Schon bei den Vorbereitungen gab es eine große Unterstützung seitens des Heimes", lobte der Kreisbrandinspektor. Im gleichen Atemzug stellte er die Sicherheit des Gebäudes heraus. „Es ist ein neues Haus mit den neuesten Vorschriften - solch ein Szenario wie wir hier üben wird es so aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben."

 

Auch die von Claudia Böhm sehr realistisch geschminkten Verletzungen seien für ein mögliches Schadensereignis in solch einem Haus eher undenkbar. Trotzdem wurde das Unmögliche geprobt. Als um 18.21 Uhr die Alarmierung erfolgte, hatten die sechs Schiedsrichter längst ihre Position bezogen. Die 19 Beamten der Polizeiinspektion Schmalkalden- Meiningen und Suhl warteten auf Anweisung, die Renthofstraße abzusperren. Im Führungskraftwagen testeten Peter Schütz und Frank Beneke eine neue Software, mit der das Einsatzgeschehen dokumentiert werden kann. Nach nur wenigen Minuten traf der Einsatzleitwagen der Freiwilligen Feuerwehr Schmalkalden mit Einsatzleiter Michael Pfunfke und Zugführer Torsten John am Objekt ein. Nachdem sie die Lage erkundet hatten, wurden umgehend die sechs Ortsteilwehren alarmiert. Alle eintreffenden Kräfte bereiteten sich auf einen Einsatz unter schwerem Atemschutz vor - im Gebäudeinneren ging man von einer starken Rauchentwicklung aus. Neben dem Altenheim wurde die Wasserversorgung aufgebaut – die imaginaren Löscharbeiten erfolgten über die Drehleiter. Während die Feuerwehrleute die ersten Verletzten aus dem Gebäude evakuierten, waren Ersthelfer und Sanitäter aus Schmalkalden an der Bushaltestelle mit dem Aufbauen einer Verletztensammelstelle beschäftigt. Gemeinsam mit der leitenden Notärztin Susanne Höhn hm Claudia Böhm, die als organisatorische Leiterin des Rettungsdienstes fungierte, die ersten Verletzten auf.

 

Nachdem weitere Kräfte des Sanitäts- und Betreuungszuges aus Meiningen angekommen waren, konnten die Verletzten nach den entsprechenden Kategorien in die Sporthalle der Renthofsschule transportiert werden, wo sich Sanitäter und ein weiterer Notarzt um sie bemühten. Vor der Sammelstelle wurden indes die Decken knapp. Froh waren die Helfer, als sie die Meininger mit einer großen Wanne voller Verbandsmaterial und Infusionen belieferten. Nebenan standen die Feuerwehrleute nach Atemschutzgeräten Schlange. Die Luft in einer Flasche reicht lediglich für 20 Minuten. „Das ist ein schweres Arbeiten - zwischenzeitlich entschieden wir operativ, Feuerwehrleute aus Floh-Seligenthal nachzualarmieren", so Klaus Kleimenhagen.

 

Zu diesem Zeitpunkt sprach er schon von einer etwas größeren Übung. Doch: „Es ist alles noch überschaubar - wir können es noch handeln." Gerald Gutberiet, Zugführer des Sanitäts- und Betreuungszuges, stimmte ihm lächelnd zu, nicht ohne zu bemerken: „Über die Zusammenarbeit der Kräfte kann man nicht meckern." Nach einer Stunde und 39 Minuten waren alle 42 Verletzten aus dem Altenheim evakuiert und der Abtransport der Schwerstverletzten ins Krankenhaus konnte beginnen, wo sie von zusätzlich diensthabenden Ärzten weiter behandelt wurden. Aufatmen bei Heimleiterin Susanne Göllner: „Darüber sind wir sehr froh", sagte sie. Auch für die Bewohner sei die Übung gut gelaufen - etliche beobachteten das Agieren der Einsatzkräfte hinter den Fensterscheiben. 124 Feuerwehrleute hatten ebenso Schwerstarbeit geleistet wie 40 Sanitäter und zwei Notärzte. So ganz weit hergeholt war das Übungsszenario dann doch nicht. Rainer Stötzer, Notarzt aus Zella-Mehlis, erinnerte sich beispielsweise noch gut an eine Evakuierung eines Wasunger Wohnblocks nach Kellerbrand. „Es gibt schon solche Großereignisse", sagte er.

 

Die von Claudia Böhm in den Nachmittagsstunden 42 geschminkten Statisten harrten bis zum Übungsende tapfer aus. Der Großteil davon waren Studenten der Fachhochschule. Sebastian Waßmut aus Mellrichstadt gehörte zu der grünen Gruppe der leicht verletzten Personen. „So was muss man schon einmal mitgemacht haben", sagte er. Sebastian Reinhardt aus Eisenach stimmte ihm zu. „Ich bin selbst bei der Feuerwehr. Für mich war es wichtig, zu sehen, wie solch ein Einsatz bei anderen Wehren abläuft." Die Schüler Lukas Jacob, Tim Eplinius und Kai-Erik Scholz gehörten zu den Verletzten mit Schock. Auch sie fühlten sich sehr gut umsorgt und verarztet. Unterm Strich zeigte sich der Kreisbrandinspektor mit dem Übungsverlauf sehr zufrieden. „Die Zusammenarbeit der Kräfte hat ausgezeichnet funktioniert."

 

Quelle: Annett Recknagel, Freies Wort 18.10.2012, Seite 7

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